Arbeitszeiten, Anwesenheits-, Meeting- und Führungskulturen

Vollzeitarbeit in Österreich ist im internationalen Vergleich nicht nur lang, sondern auch mit vielen Überstunden verbunden. Erwerbsarbeitszeiten sind zwischen Frauen und Männern allerdings äußerst ungleich verteilt. Gerade bei Führungspositionen ist die Norm verbreitet, dass diese in Vollzeit und mit Überstunden auszuführen sind. Dieses Modell besteht zuungunsten von Frauen, die Kinder oder andere Angehörige zu betreuen haben. Es besteht aber auch zum Nachteil von all jenen Männern und Frauen, die aus anderen Gründen nicht mehr als 40 Stunden für die Erwerbstätigkeit aufwenden können oder wollen.

Verbreitet und bekanntermaßen nachteilig für Menschen mit Verpflichtungen außerhalb des Erwerbslebens ist auch eine starke Präsenz- oder Anwesenheitskultur. Diese wird in manchen Unternehmen durch flexible Arbeitszeiten, Vertrauensarbeitszeit oder Home-Office-Modelle infrage gestellt. Doch auch hier bestehen Risiken und Punkte, die im Auge behalten werden müssen: Wird etwa das Zählen der Arbeitsstunden gänzlich durch den Ansatz der Messung an der Leistung ersetzt, so ist zu überprüfen, ob die Leistungsanforderungen überhaupt in einem realistischen Verhältnis zur angenommenen Arbeitszeit stehen und nicht überhandnehmen. Und auch wenn Anwesenheitspflicht zwar abgebaut, dafür aber die Erwartungen an permanente und zeitlich entgrenzte Erreichbarkeit per Telefon und E-Mail erhöht werden, kann dies der Qualität von Arbeit und Leben entscheidenden Abbruch tun.

In zahlreichen Organisationen werden und wurden Möglichkeiten der Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorten erprobt und etabliert. Fixe Teamtage, Varianten zur Arbeitszeitreduktion oder Möglichkeiten des mobilen Arbeitens können zur besseren Vereinbarkeit und zur Attraktivierung als Arbeitgeberin insgesamt, aber auch für (künftige) Führungskräfte beitragen.

BeispielBeispiel

Praxisbeispiele: Flexible Arbeitszeiten

In einem österreichischen Kleinstbetrieb im Bereich Forschung und Entwicklung herrscht große Arbeitszeit– und Arbeitsortautonomie. Sowohl die Geschäftsführung als auch die Beschäftigten können nicht nur ihr Stundenausmaß bestimmen, sondern zum Großteil auch selbst entscheiden, wann und wo die Arbeit geleistet wird. Sowohl eine der Geschäftsführerinnen als auch andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause. Mit Dienstag und Donnerstag wurden 2 "fixe Bürotage" etabliert, an denen dann auch Besprechungen stattfinden. Neben der Arbeitszeitflexibilität stellt die Möglichkeit des Home-Office auch eine wesentliche Grundlage dafür dar, dass Beschäftigte nach der Elternkarenz rasch wieder ins Unternehmen zurückkehren können und auch Frauen mit Betreuungspflichten Führungsaufgaben übernehmen bzw. behalten.

Ein Krankenhaus bietet eine Vielzahl von Teilzeitmodellen an, die vor allem der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung dienen. Die im Unternehmen tätigen Ärztinnen und Ärzte können unter 6 verschiedenen Teilzeitmodellen wählen. Die reduzierte Stundenanzahl (etwa 20, 25, 27,5 oder 30 Stunden) ist dabei mit einer reduzierten Anzahl an Diensten und auch Nachtdiensten gekoppelt. Im Bereich des ärztlichen Personals stellte Teilzeitbeschäftigung eher eine Neuheit dar. Sie wurde vor allem vor dem Hintergrund des Ärztemangels eingeführt, um die Tätigkeit im Unternehmen auch für junge Ärztinnen und Ärzte mit Kindern attraktiv zu machen.

In einem mittleren Unternehmen wurde die Arbeitszeit mit einer umfassenden Gleitzeit flexibilisiert; nur in der "Teamzeit" von 9 bis 12 Uhr ist die Arbeitszeit fix.

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