Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten

Im Teilprojekt der Wirtschaftsuniversität Wien wurde der Prototyp eines computerbasierten Unternehmensplanspiels entwickelt, das eine Aufsichtsratsbeschickung simuliert. Es stellt ein Trainingstool für potentiell nominierende Personen dar, indem es das Suchverhalten und nachfolgend die Evaluierung der potentiellen KandidatInnen sowie den am Ende der Simulation zusammengesetzten Aufsichtsrat analysiert und darauf aufbauend den Spielenden eine fundierte Rückmeldung zum Nominierungsprozess gibt.

Im Zentrum der Simulation steht somit der Nominierungsprozess an sich. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Analyse der von den Spielenden gewählten Such- und Auswahlprozesse, sowie auf der konkreten Nominierungsentscheidung und deren Begründung. Durch das Einnehmen einer aktiven Rolle in der Aufsichtsratsbesetzung und der darauf folgenden Analyse des Spielverhaltens wird den Spielenden eine Reflektion ihres Entscheidungsverhaltens ermöglicht. Die Auswertung und entsprechende Rückmeldung am Ende der Simulation führen idealerweise im Sinne eines Managementtrainings zu einem individuellen Lerneffekt, der in zukünftigen Besetzungsentscheidungen zum Tragen kommen kann.

Die grundlegenden Spielannahmen der Simulation umfassen zum einen den Ablauf eines idealtypischen Nominierungsprozesses, sowie die idealtypische Zusammensetzung eines Aufsichtsrats. Diese wurden aus den juristischen Rahmenbedingungen, wie auch internationalen Studien abgeleitet. Zum anderen liegen der Simulation Annahmen über die tatsächliche Nominierungspraxis in Österreich zugrunde. Diese wurden aus den Erkenntnissen einer im Rahmen des Projekts durchgeführten explorativen Studie zu Nominierungsprozessen in Österreich gewonnen.

Aus der explorativen Studie und den internationalen Studien geht hervor, dass einige Faktoren Bemühungen um die Erhöhung der Frauenanteile in Aufsichtsräten behindern:

  • Zum einen unterstellen bisherige Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen (spezifische Trainingslehrgänge, Mentoringprogramme oder ähnliches), es gäbe ein Qualifikations- oder Persönlichkeitsdefizit bei den Frauen, das es zu dezimieren gilt.
  • Zum anderen wir allgemein davon ausgegangen, dass die Suche und Bestellung von Toppositionen ausschließlich auf Basis von Qualifikation, deren Feststellung und Sichtbarkeit passiert.
  • Im Gegensatz dazu stellt sich heraus, dass die Feststellung von Qualifikation nicht einfach und objektiv stattfinden kann, sondern etwa die Frage nach Führungserfahrung einen großen Interpretationsspielraum lässt. Darüber hinaus ist Sichtbarkeit von Qualifikation nicht etwa durch das Aufscheinen in einer Datenbank abgedeckt, sondern vielmehr durch persönliche Bekanntschaft in relevanten sozialen Netzwerken.
  • Durch diese Diskrepanz zwischen bisherigen Maßnahmen zur Frauenförderung und eigentlichen Ursachen für die Unterrepräsentanz von Frauen in Toppositionen, kommt es zu nur mäßigen Erfolgen.
  • Aus wissenschaftlicher Sicht verhindern vor allem soziale Dynamiken wie subtile und indirekte Diskriminierungen, Konkurrenzdenken, Machtspiele und strategisches Verhalten den gleichberechtigten Zugang zu entsprechenden Entscheidungspositionen. Es muss folglich davon ausgegangen werden, dass die vorherrschenden Rekrutierungs- und Beförderungspraktiken und -prozesse in Unternehmen und nicht etwa die Defizite der Frauen den Status quo perpetuieren.
  • Daher müssen die Personen, die mit der Rekrutierung bzw. Beförderung in Top Management Positionen betraut sind und daher zur aktuellen Geschlechtersegregation in Führungsebenen beitragen, in den Blick genommen werden. In diesem Sinne setzte das Projekt mit der Online Simulation an der Sichtbarmachung subtiler und indirekter Ausschließungsmechanismen in Entscheidungssituationen an.

 

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