Die Erste Bank Österreich bietet für einen ausgewählten Fachbereich ein Seminar an, das sich exklusiv an Frauen richtet.Hintergrund ist, dass aufgefallen war, dass Frauen in diesem speziellen Fachbereich – dem Bereich Wertpapiere und Veranlagung – systematisch weniger erfolgreich waren als Männer. Daraus schloss die Personalabteilung, dass möglicherweise die firmeninterne Weiterbildung, die bis dahin ausschließlich von männlichen Trainern durchgeführt wurde, Frauen nicht in gleicher Weise angesprochen hatte wie Männer. In der Folge wurde mit einer externen Expertin für gehirngerechtes Lernen und einer internen Wertpapierexpertin ein frauenspezifisches Fachseminar zum Thema Wertpapiere entwickelt, das mit einer Trainerin umgesetzt wurde. Begleitet wird die Maßnahme zusätzlich durch ein themenbezogenes Netzwerk – den sogenannten Wertpapierdialog für Frauen.
Einschränkungen und Hindernisse
Das frauenspezifische Wertpapier-Fachseminar richtete sich zunächst an Einsteigerinnen im Bereich der Kundenberatung. Es ist jedoch insofern relevant für das Thema „Frauen in Führungspositionen“, als es die Kompetenzen dieser Beschäftigten stärken und ihnen in weiterer Folge auch die Entwicklung in höhere Positionen ermöglichen soll.
Das Seminar einzuführen und Akzeptanz dafür zu gewinnen, war indes nicht einfach. Die innerbetriebliche Ausbildung ist prinzipiell in Form von Lehrgängen organisiert, was bedeutet, dass Gruppen von Beschäftigten Seminare über längere Zeit gemeinsam besuchen. Vor diesem Hintergrund fiel besonders auf, dass die Beschäftigten ausschließlich für das geschlechtsspezifisch konzipierte Seminar plötzlich getrennt wurden. Es handelte sich zudem um das erste frauenspezifische Seminar in der Geschichte des Unternehmens.
Wie die Karrieremanagerin erzählt, wurde sie in dieser Zeit wiederholt von Führungskräften angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht, dass junge Frauen verunsichert seien, da sie von den männlichen Kollegen ausgelacht würden, weil sie jetzt eine „Sonderbehandlung“ bräuchten. Um dem zu begegnen, waren wohlüberlegte und aktive kommunikative Maßnahmen seitens der Personalabteilung erforderlich.
„Und, ja, da war viel Kommunikation notwendig. Wir haben alle Führungskräfte, alle Beteiligten angeschrieben. Wir haben dann auch zu Beginn des Seminars beide Gruppen, Frauen und Männer, zusammengeholt und haben dort noch einmal erklärt, warum wir dieses Pilotprojekt ins Leben gerufen haben. Die Rückmeldungen der Frauen nach dem Seminar waren zum Glück so positiv, dass sich im Nachhinein betrachtet der hohe Kommunikationsaufwand gelohnt hat.“
Karrieremanagerin, Erste Bank Österreich
Erfolge und Weiterentwicklungen
Ungeachtet aller Schwierigkeiten bei der Umsetzung war der Pilot des Seminars schließlich so erfolgreich, dass das Konzept auf einen weiteren, in der Expertise höher liegenden Fachbereich erweitert wurde.
Als begleitende Maßnahme wurde außerdem 2013 der Wertpapierdialog für Frauen, eine Netzwerkveranstaltung mit Fachbezug (Beratung im Veranlagungsbereich) initiiert. Zielgruppe des Wertpapierdialogs sind im Unternehmen rund 100 Frauen, von denen etwa ein Drittel regelmäßig an den quartalsweise stattfindenden Veranstaltungen teilnimmt. Ziel des Dialogs ist es, die Kompetenz von Frauen im Fachbereich Wertpapiere und Veranlagung über den Erfahrungsaustausch zwischen erfahrenen und weniger erfahrenen Mitarbeiterinnen weiter zu stärken.
Risiken
Frauenspezifische Maßnahmen, speziell in der Aus- und Weiterbildung, können – wie das auch hier der Fall war – Frauen im Unternehmen in ein schlechtes Licht rücken: als „anders“, als „förderbedürftig“, als „mangelhaft“. Hier bedarf es starker Kommunikationsmaßnahmen, um einem solchen Bild entgegenzuwirken.